Transkription der Überlieferungsträger

Handschriften sind Zeugen eines spezifischen Überlieferungsstadiums eines Textes. Im Gegensatz zum klassischen „Lachmannschen“ Ansatz, bei dem in der Praxis nur die Varianten zu einem Vorlagentext notiert werden, ist es für digitale Editionen – durchaus auch unter Aufnahme des Grundgedankens der „New Philology” einer Wertschätzung jedes einzelnen Überlieferungsträgers – angebracht und zudem auch arbeitsökonomisch durchaus sinnvoll, jeweils den gesamten Text zu transkribieren und dann in einem zweiten Schritt die Kollation der Zeugen mit Hilfe des Computers durchzuführen. Im Berliner Akademienvorhaben „Die alexandrinische und antiochenische Bibelexegese in der Spätantike“, dessen digitale Publikationsplattform das PTA ist, wird dafür das Programm CollateX verwendet, wobei die Transkriptionsdateien mit Hilfe eines Python-Skripts (https://github.com/PatristicTextArchive/collator) in das für CollateX nötige Eingabeformat konvertiert werden. Kleinere Fehler bei der Ausrichtung der Kollationstabelle können dabei nachträglich manuell korrigiert werden.

Auch die Transkriptionen sind somit Editionen und das Ergebnis von Interpretation. Sie unterscheiden sich von der kritischen Edition (s. hier) aber dadurch, dass sie einem diplomatischen (dokumentarischen) Editionsparadigma folgen: Die in der Handschrift vorfindlichen Phänomene wie Schreibung der Worte, Akzentsetzung, Interpunktion und Worttrennung werden bei der Transkription grundsätzlich nicht normalisiert, d.h. nicht ggf. korrigiert. Außerdem werden Seiten-, Columnen- und Zeilenumbrüche, Initialen und Ektheseis, Marginalien, Abkürzungen, Markierungen, Rubriken, Tilgungen, Hinzufügungen – auch in diachroner Betrachtung (sc. im Blick auf Schreiberwechsel) – aufgenommen, dabei aber nicht entsprechend ihrer visuellen Erscheinung, sondern entsprechend ihrer Semantik ausgezeichnet und das heißt einer Deutung unterzogen. Auch Phänomene, die nicht gedeutet werden können, wie z. B. nicht zu entziffernder Text, werden als solche markiert und damit auch Unsicherheiten nicht verdeckt.

Ggf. können in den Metadaten der Transkriptionen (im Element <editorialDecl> im Abschnitt <encodingDesc> nähere Angaben gemacht werden, inwieweit Phänomene aufgenommen werden oder nicht.